Wunder(lampe) Schwangerschaft

„Herzlichen Glückwunsch, Sie sind schwanger!“ Freudestrahlend sitzt mein Gynäkologe vor dem Ultraschallgerät und zeigt auf einen winzigen, kaum erkennbaren Punkt auf dem Monitor. Noch bevor ich reagieren kann, zappt er sich wie während einer Werbepause im Fernsehen durch die verschiedenen Ansichten meines Pünktchens. Es ist noch nicht mal so groß wie ein Apfelkern. Und daraus entsteht tatsächlich ein Mensch, mein Baby?Zwar habe ich natürlich immer vorbildlich im Biologieunterricht aufgepasst, doch so richtig will das nicht in meinen gerade ohnehin verwirrten Kopf. Da fällt mir ein, dass werdende Mamis häufig an vorübergehender Schwangerschaftsdemenz leiden. Vielleicht beginnt das ja schon in der fünften Woche. Wer weiß. Eben das Wunder der Schwangerschaft.

Sahnetorte mit saurer Gurke – oder auch: Schwangerschaftssymptome

Etwa Anfang vierter Monat, als ich die unter meinem Pullover immer größer werdende Kugel nicht mehr mit dem Festtagsbraten erklären kann – Weihnachten ist schon über vier Wochen her- rufe ich meine Verwandten wie Bekannten an und trage die freudige Nachricht in die Welt hinaus. Als ich schwanger wurde, war mir klar, dass sich mein Körper und meine Gefühlswelt radikal verändern würden. Doch, dass sich einige meiner Mitmenschen in Klugredner verwandeln, damit hätte ich beim besten Willen nicht gerechnet.

So kommt es, dass ich trotz unverhohlener Ignoranz meinerseits stets unzählige gut gemeinte und vor allem ungebetene Ratschläge erhalte. Gemäß dieser Weisheiten ist bei morgendlicher Übelkeit der Braten im Ofen ein Mädchen, Schwangere gelüstet es ausnahmslos nach Sahnetorte mit sauren Gurken und Sodbrennen deutet auf einen prächtigen Haarschopf des Nachwuchses hin.

Und als wenn das nicht genug wäre, wachsen meine Füße in der Schwangerschaft.

Jjedes Kind kostet mich einen Zahn, ach und das erste Kind kommt sowieso immer zu spät. Ich habe jedenfalls noch nie eine zahnlose Schwangere in der Schuhabteilung für Übergrößen, während sie ein extra großes Stück Sahnetorte garniert mit einer sauren Gurke verschlingt, gesehen.

Wünsch dir was

Mein Verlobter würde mir jetzt mit Sicherheit vehement widersprechen, doch ich gehöre wirklich nicht zu den sagenumwobenen strahlenden Schwangeren. Doch das ist kein Problem, denn seit ich immer runder und runder werde, schaut mir generell keiner mehr ins Gesicht. Alle Welt interessiert sich nur noch für den kugeligen Babybauch. „Wie praktisch,“ denke ich „jetzt muss ich mir keine Gedanken mehr wegen meiner hormongebeutelten schlechten Haut machen“.

Als werdende Mami muss ich mich jedoch nicht nur gegen Besserwisser und schlechte Haut, sondern auch gegen Babybauch tätschelnde Mitmenschen behaupten. Zeitweise habe ich ernsthaft überlegt, ob ich einen Magneten verschluckt habe. Ganz gleich, ob es sich um Freunde, Bekannte oder sogar die sonst so verhaltene Nachbarin handelt, alle werden zu Grapschern – Babybauchgrapschern. Sobald sie mich gesichtet haben, ist es zu spät und es gibt kein Entkommen mehr.

Sie steuern geradewegs auf mich zu und tätscheln im gleichen Moment mit der Frage nach Pünktchens Befinden meinen (!) und nicht ihren oder seinen Bauch. Ich bin doch nicht die Wunderlampe aus dem Zeichentrickfilm Aladdin. Schaden kann es gewiss nicht, also reibe ich jetzt selbst auch mal meinen Bauch, allerdings sorgfältig mit Pflegeöl gegen Dehnungsstreifen. Habe ich jetzt drei Wünsche frei? Mein Erster wird jedenfalls sogleich erfüllt: Pünktlich zum Beginn der 18. Schwangerschaftswoche spüre ich ein Flattern, ja einen zarten Tritt. Just die Wunderlampe der Schwangerschaft.

Bild: edgarholguin – Flickr.com

7 Kommentare
  1. Sissi sagte:

    Schöner Artikel, intelligent und humorvoll geschrieben. Mein Kompliment!
    Alles Gute für die werdende Mama und ihr Baby :-)
    Herzliche Grüße,
    Sissi

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  2. Cindy Mendt sagte:

    Hallo Sissi,

    vielen, lieben Dank. Ich freue mich sehr, dass gleich der erste Artikel meiner Kolumne ein so tolles Kompliment bekommt!

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  3. Dacha sagte:

    Hallo Cindy, sehr schön geschrieben dieser Artikel. Obwohl es bei mir mit der Schwangerschaft schon lange her ist, war ich wieder in diese Zeit zurück versetzt. Ich hoffe ich werde noch viel mehr lesen von dir.

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    • Cindy sagte:

      Danke für die Blumen. Schön, wenn der Artikel dich in die Zeit deiner Schwangerschaft zurück versetzt hat. Ich freue mich, dich als Leserin meiner neuen Kolumne begrüßen zu dürfen.

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    • Cindy sagte:

      Lisa, da hast du mit Sicherheit recht. Man soll ja versuchen, an jeder Situation das Positive zu sehen. In meinem Fall ist es weiterer Stoff für die Kolumne. Was ist es bei dir?

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  4. Lisa sagte:

    Ach, ich freu mich ja eigentlich auch, weil ja besonders ältere Leute an Babys ihre Freude haben. Solange sie nicht übertreiben, ist das schon OK.

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