Nestbaudrang

Nestbaudrang

[dropcap]S[/dropcap]eit jeher pflege ich mein ironisches Naturell, bin mit Gefühlsbekundungen und -ausbrüchen eher zurückhaltend. Mit jedem weiteren Kilo Kampfgewicht (wie soll ich das nur je wieder runterkriegen?) gehen die Hormone, manch einer würde es auch Urinstinkte nennen, mit mir durch. So eine Schwangerschaft ist schon eine komische Sache – zumindest für Außenstehende. Ich weiß noch genau, wie amüsant ich die Bekannte in anderen Umständen und deren Augen rollenden Göttergatten fand, als sie auf der Suche nach der zur Bettwäsche farblich passenden Feuchttücherbox stundenlang das Internet durchforstete.

Fakt ist, der Nestbaudrang setzt bei allen werdenden Mamas ein – bei der einen früher, bei der anderen später. Ich bin da keine Ausnahme. Umso kugeliger ich werde, desto mehr bin ich damit beschäftigt, alles für unser Würmchen herzurichten. Farblich passende Feuchttücherboxen sind da allerdings mein – und sein – geringstes Problem.

Niedliche Verlockungen

Es ist Samstagmorgen. So wie an jedem der vergangenen Wochenenden schleife ich den künftigen Papa von Babyladen zu Babyladen. Unsere heutigen Ziele sind ein Babybettchen und Vorhänge. Geduldig und mit rollenden Augen (woher kenne ich das doch gleich?) lässt er mich in meinem Nestbaudrang gewähren. Protest ist in diesem Stadium der Hormonwelle sowieso zwecklos.

Keine Ahnung, weshalb Babysöckchen eine derartige Anziehungskraft auf mich haben, doch jedes Mal, wenn ich welche sehe (und heutzutage sind diese selbst in Schreibwarenläden erhältlich), kann ich nicht widerstehen und muss ein Paar für unseren Nachwuchs mitnehmen. So kann ich mich auch am besagten Tag nicht der niedlichen Verlockung entziehen und kaufe das 15 (!) Paar Söckchen. Die rationale Seite ist sich bewusst, dass das völlig übertrieben ist, doch die hormongesteuerte, sich im Nestbau befindende Seite flüstert mir leise ins Ohr, dass Klein-Namenlos doch nicht frieren soll. Natürlich soll sie das nicht.

Farbenvielfalt

Der Wahnsinn setzt sich bei der Wandgestaltung im Kinderzimmer fort. Tapete, mit oder ohne Muster, doch lieber der gute alte Farbanstrich oder vielleicht etwas ganz anderes? Rosa kommt nicht infrage. Vielleicht Violett oder eine „typische“ Jungenfarbe wie beispielsweise Grün? Auf diese und weitere lebenswichtige Fragen muss ich nun dank der Hormone eine Antwort finden. Letztendlich habe ich mich für ein fröhliches, dennoch dezentes Sonnengelb entschieden. Mit Farbe und Pinsel bewaffnet geht es also an die Arbeit – für den werdenden Papa. Währenddessen bin ich auf der Suche nach einer Wickeltasche, die farblich zu den kürzlich erstandenen Vorhängen passt.

Bildquelle: treehouse1977 – Flickr.com (CC BY-SA 2.0)

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