Frühgeburt: Kritik der neuen Betreuungsregeln
Die strengeren Betreuungsregelungen für Kleinkindstationen sind in Kritik geraten. Die Pläne für die neuen Standards in der Frühchen-Pflege sind vor allem von den Kliniken heftig kritisiert worden. Laut der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) können diese nur mit Verzögerungen umgesetzt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss aus Ärzten und Krankenkassen (GBA) fordert dafür zusätzliche Pflegekräfte, die jedoch auf dem Arbeitsmarkt nicht zu bekommen sind.
Eine große Lücke
[dropcap]I[/dropcap]m Bereich Pflegekräfte klafft in Deutschland eine große Lücke. Um diese wieder zu schließen, wird man Jahre brauchen. In Deutschland gibt es ungefähr 300 Frühchen-Stationen. Um die neuen Pläne der Bundesregierung umzusetzen, müssten diese ihr Personal um etwa ein Drittel aufstocken, was für manche Kliniken existenzbedrohend wäre.
Hohe Standards erforderlich
Betreuung für Frühchen ist eine kostspielige Angelegenheit. Für jedes behandelte Frühchen kann eine Klinik rund hunderttausend Euro mit den Krankenkassen abrechnen, darauf sind viele Kliniken angewiesen. Pflege der Frühchen bedarf jedoch besonders hohe Qualität, Standards und eine Menge Erfahrung.
In Fachkreisen wollte man sich dafür einsetzen, nur noch spezialisierte Krankenhäuser und Kliniken hierfür zuzulassen.
Von Seite der GBA kam der Vorschlag, die sogenannten Mindestmengen einzuführen, was jedoch nicht zugelassen wurde. Aus diesem Grund wurden von der GBA neue Qualitätskriterien erstellt, die ab sofort gelten sollen. Allerdings hat GBA in begründeten Ausnahmen eine Übergangsfrist bis 2017 vorgeschlagen. Diese Zeit wird jedoch in vielen Fällen auch nicht reichen, weil selbst die Ausbildung einer Fachkraft in den Pflegeberufen mindestens drei Jahre dauert. Danach müssen die ausgebildeten Pflegekräfte noch eine sechsmonatige Fachfortbildung sowie zwei Jahre Spezialpraktika absolvieren.
Pflegekräfte sind Mangelware
Zurzeit sind die 3000 Ausbildungsplätze in der Pflege gerade noch ausreichend, um das ausscheidende Personal zu ersetzen. Man könnte noch höchstens 500 neue Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, dafür aber fehle das Geld und eine klare politische Zielvorgabe. Die neuen Vorgaben sind jedoch von den Fachleuten als sinnvoll bewertet.
Die etwa 9000 Babys, die in Deutschland pro Jahr mit einem Gewicht unter 1500 Gramm geboren werden, benötigen eine intensive und hochqualitative Betreuung. Zurzeit ist eine Krankenschwester für bis zu fünf Frühchen zuständig. Das sollte sich aber ändern: Ein Verhältnis von eins zu eins ist dank neuen Vorgaben als Ziel gesetzt.
Diese Reform kann für Kliniken auch aus einem anderen Grund teuer werden. Die neue haftungsrechtliche Situation kann für sie unangenehme Folgen haben: Wenn nämlich ein Kind zu Schaden kommt und der vorgeschriebene Pflegestandard von der Klinik nicht nachgewiesen werden kann, drohen ihr hohe Schadensersatzforderungen.
Bildquellen
Artikelbild: © panthermedia.net / Stefan Krause
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